«Historisch gesehen wurde der Begriff ‹Sexismus› in den 60er Jahren von der US-amerikanischen Frauenbewegung in Analogie zum Begriff des Rassismus entwickelt und sollte ein Unterdrückungsverhältnis überhaupt erstmals benennbar machen. (...) Sexismus ist als Bewertung von Menschen aufgrund ihres Geschlechts zu verstehen. Wie die gängige Definition über die ‹Minderbewertung› referiert auch diese Formulierung unmittelbar auf die wesentliche Leistung des Sexismus, nämlich die Wertung. Durch den Sexismus erhält der mögliche Gebrauchswert des Geschlechts einen Marktwert. Die Sexismus-Definition verweist damit unmittelbar auf die Produktion des Geschlechts durch menschliche Arbeit. Geschlecht wird produziert.»(Fels/Fink 2002)
Das Unsichtbarmachen dieser Erkenntnis – dass Geschlecht eine soziale Konstruktion ist und kein Gesetz der Natur – steht im Zentrum patriarchaler Ideologie, das Benennen und Bewusstmachen dieser Prozesse im Mittelpunkt antisexistischer Theorien und Praktiken.
«Geschlechtlichkeit und alles, was damit zusammenhängt, wie beispielsweise die sexuelle Ausrichtung von Menschen, ist ein Bereich, der, wie die gesamte Gesellschaft, von Herrschaftsverhältnissen geprägt wird. Diese Verhältnisse ändern sich fortwährend, aber einige ihrer Grundmerkmale sind höchst beständig: Individuen werden anhand angeblich biologischer Eindeutigkeiten in zwei Geschlechter eingeteilt. Diesen werden unterschiedlich privilegierte Orte in der Gesellschaft zugewiesen. Sie befinden sich also in einem hierarchischen Verhältnis zueinander, in dem Frauen in weniger machtvollen Positionen sind als Männer und wo Heterosexualität als Norm erhoben und Homo- oder Bisexualität als widernatürlich stigmatisiert wird. Meistens wird dieses Verhältnis aber nicht als Ungleichheit, sondern als elementare Eigenheit der Geschlechter angesehen. Dies hängt damit zusammen, dass die geschlechtliche Eindeutigkeit und Heterosexualität mit dem Rückgriff auf den Körper als Naturgesetz dargestellt wird, da die Vorstellung von dem Körper als natürlich und nicht durch den gesellschaftlich geprägten Blick wahrgenommen, vorherrschend ist.»(s. Antiseximus-Bündnis Berlin) Jede anti-sexistische Kritik setzt an diesem gesellschaftlichen Produktionsprozess an: der Bildung der Differenz durch Aus- und Abgrenzung und der Fusion zu Subjekten polarer Geschlechterkategorien. Antisexismus hebt sich fundamental von sexistischen Ansätzen dadurch ab, dass sozial relevante Geschlechtsdifferenzierungen nicht mehr auf angeborene Charakteristika zurückgeführt werden können. Sexismus verschränkt sich nicht nur mit Heterosexismus, sondern auch mit allen anderen sozialen Kategorisierungen.»(Fels/Fink 2002)
In diesem Sinn muss eine antisexistische Perspektive (die sich mit der Kritik postkolonialer Theoretiker_innen am falschen Universalismus feministischen Positionierungen im Kampf für «die Frauen» auseinandergesetzt hat) immer über die Analyse der Geschlechterverhältnisse hinausweisen.
Referenzen und wetierführende Literatur
- Antiseximus-Bündnis Berlin: asbb.blogsport.de/asism_1 (zuletzt aufgerufen: 24.3.2017)
- Bornstein, Kate: Gender Outlaw: On Men, Women and the Rest of Us; New York 1985.
- Butler, Judith: Das Unbehagen der Geschlechter. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1991.
- Fels, Eva und Fink, Dagmar: Was ist Sexismus. Referat 2002 (zuletzt aufgerufen: 24.3.2017).
- Friedrich, Annegret: Projektionen. Rassismus und Sexismus in der visuellen Kultur, Marburg: Jonas Verlag 1999.
- Janssen-Jurreit, Marielouise: „Zur Rekonstruktion des Patriarchats. Thesen zu einer Theorie des Sexismus“, in: Barbara Scheffer-Hegel (Hg.): Mythos Frau. Projektionen und Inszenierungen im Patriarchat, Berlin: Publicia 1984.