Im Kontext der Visual Cultural Studies wird repräsentieren als Praxis verstanden, in der Aspekte von Darstellen, Herstellen, (sich) Vorstellen, Vertreten und Ausstellen zusammentreffen und die eng in Macht- und Herrschaftsverhältnisse verstrickt ist: Repräsentieren bedeutet kein passives, neutrales und unmittelbares Wiedergeben oder Abbilden von etwas ausserhalb seines Darstellungsprozesses bereits Existierendem. Vielmehr handelt es sich um einen Komplex der Bedeutungs- und Realitätskonstruktion – um eine gestaltende, machtvolle und durch Rahmungen bedingte Praxis. Indem etwas auf bestimmte Art und Weise zu sehen gegeben wird, wird Bedeutung hergestellt und Wissen hervorgebracht und damit Einfluss auf die Ausgestaltung von Wahrnehmung und Wirklichkeit genommen.
Repräsentationskritik begreift Repräsentationen als Herrschaftspraxis und nimmt die unterschlagene oder einseitige Repräsentation sozialer Gruppen oder Themen (Hautfarbe, Geschlecht, Klasse) in den Blick, welche häufig mit einer strukturellen, personellen oder ressourcenbedingten Verunmöglichung von Selbstrepräsentation einhergeht. Stereotypisierung bzw. Unsichtbarmachung sind zwei Repräsentationsmodi, durch welche Herrschaftsverhältnisse hergestellt und gefestigt werden können. Wichtig ist also nicht bloss die Frage, was und wer repräsentiert wird, sondern vor allem auf welche Art und Weise, unter welchen Voraussetzungen und mit welchem Interesse dies geschieht. Repräsentationskritik betont die Herstellung von Bedeutung und richtet sich gegen eine unhinterfragte Vorstellung von Bildern als Abbildungen einer nicht-visuellen Wirklichkeit. Die Kritik an negativ besetzten und damit Unterordnung festschreibenden Repräsentationen der Anderen und Marginalisierten erlangte im Feld der Dekolonialisierung zunehmende Wichtigkeit. Repräsentationskritische Analysen werden mit Bezug auf Ansätze der Semiologie, Psychoanalyse und Diskurstheorie sowie postkoloniale Theorie, Gender- und Queertheorien vorgenommen.
Literatur:
- Barthes, Roland, Mythen des Alltags. Vollständige Ausgabe, 2. Aufl ed. Berlin: Suhrkamp, 2013.
- Fürstenberg, Stephan, Repräsentation und Repräsentationskritik im Feld
der visuellen Kultur. Fokus Kunstvermittlung, 2012 (zuletzt aufgerufen: 27.3.2017). - Fürstenberg, Stephan et al., Forschungsprojekt vom IAE und des ICS (Institute for Cultural Studies in the Arts): Kunstvermittlung zeigen (zuletzt aufgerufen: 27.3.2017).
- Hall, Stuart (Hg.), Representation. 2nd ed., London: Sage 2013.
- Schade, Sigrid/Wenk, Silke, Studien zur visuellen Kultur: Einführung in ein transdisziplinäres Forschungsfeld, Bielefeld: transcript 2011.
- Wenk, Silke, Repräsentation in Theorie und Kritik: Zur Kontroverse um den «Mythos des ganzen Körpers», in Zimmermann, Anja (Hg.), Kunstgeschichte und Gender: eine Einführung, Berlin: Reimer 2006.