«Ganz allgemein [...] wird unter Transdisziplinarität verstanden, dass Wissenschaft beziehungsweise Forschung sich aus ihren fachlichen, disziplinären Grenzen löst und ihre Probleme mit Blick auf ausserwissenschaftliche, gesellschaftliche Entwicklungen definiert, um diese Probleme disziplin- und fachunabhängig zu lösen.» (Mittelstraß 1998) Ausgangspunkt von transdisziplinärer Forschung ist die hochgradige Ausdifferenzierung der Wissenschaft in Disziplinen, Subdisziplinen und Fächern mit unterschiedlichen Erkenntnisinteressen und Forschungspraxen. Transdisziplinäre Forschung geht hinter diese Ausdifferenzierung nicht zurück, sie geht darüber hinaus: «Bei Transdisziplinarität wird der gemeinsame Forschungsgegenstand von Wissenschaftler_innen verschiedener Disziplinen und gesellschaftlichen Akteur_innen (Politik, Verwaltung, Alltag ...) definiert. Diese Problemorientierung transdisziplinärer Forschung führt zu komplexen Fragestellungen. Bei transdisziplinärer Forschung werden unterschiedliche gesellschaftliche Akteur_innen aktiv einbezogen; auch schwache und randständige, die von Entscheidungsprozessen und gesellschaftlicher Gestaltung ausgeschlossen sind. Diese Akteursorientierung beziehungsweise dieser dezidierte Praxisbezug kann in unterschiedlichen Kooperationsmodellen erfolgen. Ein weiteres zentrales Merkmal transdisziplinärer Forschung ist deren Anwendungsorientierung, das heisst von Anfang an werden disziplin- und fachübergreifend sowohl gesellschaftliche Lösungen als auch innerwissenschaftliche Lösungen (neue theoretische Ansätze und Methoden) erarbeitet.» (Ebd.) Transdisziplinäre Forschung, die immer reflexiv und selbstreflexiv ist, organisiert Forschung als gemeinsamen Lernprozess zwischen Gesellschaft und Wissenschaft. Im kulturellen Alltag gehören transdisziplinäre Themenstellungen zu den Selbstverständlichkeiten einer aktuellen Praxis auf der Höhe der Zeit.
Ein Masterstudiengang der ZHdK in Transdisziplinarität arbeitet an der Professionalisierung dieser Praxis, die sonst meist erst «on the job» erlernt werden kann.
Literatur
- Bergmann, Matthias/Schramm, Engelbert, Transdisziplinäre Forschung. Integrative Forschungsprozesse verstehen und bewerten, Frankfurt: Campus 2008.
- Feichtinger, Johannes/Mitterbauer, Helga/Scherke, Katharina, Interdisziplinarität – Transdisziplinarität. Zu Theorie und Praxis in den Geistes- und Sozialwissenschaften, in: newsletter Moderne 7, 2004, S.11-16.
- Hayn, Doris/Hummel, Diana, Transdisziplinäre Forschung im Feld Gender & Environment. Beitrag anlässlich des 28. Kongresses von Frauen in Naturwissenschaft und Technik vom 09. Bis 12. Mai 2002 in Kassel (zuletzt aufgerufen: 27.3.2017).
- Jahn, Thomas, Transdisziplinäre Nachhaltigkeitsforschung – Konturen eines neuen, disziplinenübergreifenden Forschungstyp, in: Beitrag zu der Veranstaltungsreihe «Wissenschaftsstadt Frankfurt» vom 3. März 2001 (zuletzt aufgerufen: 27.3.2017).
- Mittelstaß, Jürgen, Interdisziplinarität oder Transdisziplinarität? in: Ders. (Hg.): Die Häuser des Wissens, Frankfurt: Suhrkamp 1998, S. 29–48.
- Mittelstraß, Jürgen, Methodische Transdisziplinarität. Technikfolgenabschätzung Theorie und Praxis Nr. 2(14) 2005, S.18–23.
- Stehr, Nico: Warum es so schwierig ist, interdisziplinär zu sein. Von der Zukunft der Wissenschaftskulturen und den Bedingungen der Transdisziplinarität in den Wissenschaften, in: Forum Forschung 2000, S. 1–3 (zuletzt aufgerufen: 27.3.2017).
- Wenk, Silke, Transdisziplinarität als hochschulpolitisches Programm. Neue Perspektiven für Frauen- und Geschlechterstudien in Forschung und Lehre, in: Batisweiler, Claudia (Hg.): Geschlechterpolitik an Hochschulen: Perspektivenwechsel zwischen Frauenförderung und Gender Mainstreaming, Opladen: Springer 2001, S. 107–119.
- Vgl. auch: Zentrum für transdisziplinäre Geschlechterstudien Berlin (zuletzt aufgerufen: 27.3.2017).