Departement Darstellende Künste und Film, DDK
Der Ruf, den wir soeben vernahmen, richtet sich vielleicht an die ganze Menschheit, ob es uns paßt oder nicht. Nützen wir es aus, ehe es zu spät ist. Wir wollen einmal würdig die Sippschaft vertreten, in die das Mißgeschick uns hineingeworfen hat. Was sagst du dazu? / Estragon: Ich habe nicht zugehört.
Die 70-jährige Replik aus Samuel Becketts 'Warten auf Godot' könnte aktueller nicht sein: wie reagieren wir auf die menschgemachten Katastrophen unserer Zeit? Weghören? Was kann künstlerische Forschung in dieser Gesellschaft beitragen, was Natur- oder Geisteswissenschaften nicht längst abzudecken probieren? Hier Versuche des IPF:
Erinnerung ist die Kunst der Zukunft: CineMAP – Navigating through Artistic Film Research und CineMinds, gefördert im Rahmen der kantonalen Digitalisierungsinitiative (DIZH), in Kooperation mit der UZH und der World Association of Film Schools CILECT, sichern langfristig ein Online-Archiv des handwerklichen Wissens, basierend auf Interviews mit erfahrenen Filmemacher:innen.
Auch durch Austausche, wie bei der ZDOK-Tagung Reality, Second Hand, die von 200 Expert:innen aus Filmakademien, Filmuniversitäten und der Praxis zu Themen wie Archivmaterial und Found Footage im Dokumentarfilm besucht wurde, oder durch Publikationen, wir u.a. jene von Bernadette Kolonko: Unsichtbares und Ungesagtes. 10 Female * Feminist * Gazes.
Aus dem Bereich Tanz hervorzuheben ist das Forschungsprojekt Artist residencies and/as pedagogy von Marisa Godoy, welches 2023 abgeschlossen wurde. Marisa Godoy wurde am ZHdK-Graduation Day für ihr Doktorat geehrt.
KI, Avatare und Software halten auch die Theaterforschung in Schach. 2023 schliesst sich ein 15-jähriger interdisziplinärer Komplex um Fragen von Identität und Individualität in der Publikation Actor & Avatar, a Scientific & Artistic Catalogue, gefördert vom SNF. Von Gehirn-Scan Untersuchungen über Emotionsforschung bis zur Manipulation des medialen Gegenübers. Im Antlitz der Avatare, vor wenigen Jahren noch primitive Talking Heads, überholt uns die Digitalisierung und wachsen die humanoiden Partner exponentiell. Derweil das Analoge krankt und die Mittel schwinden. Materialien länger im Zyklus zu halten, leistet einen wichtigen Beitrag zur Reduzierung von Abfall. Genau da setzt das Projekt Mining Map Zurich an: eine digitale Stadtkarte für wiederverwendbares Material. Kunststudierende bedienen sich gratis, die City wird zur Mine. Ein Tool zum ressourcenschonenden Umgang für Bühnen, Filmsets und andere Künste, entwickelt von Sarah Burger und Nadia Fistarol, wie auch das Symposium Point of no Return (Verlinkung zum Highlight).
Nicht zuletzt bildet auch 2023 die Nachwuchsförderung einen Schwerpunkt – neu unter der Leitung von Ilse van Rijn –, mit gleich zwei von Swissuniversities geförderten PhD-Programmen und einem departementseigenen Pre-Doc Format PEERS. Dazu kommen das Symposium Dramaturgien politischer Künste (R. Dreifuss) und LeKuLab - ein Forschungsprojekt zum Immateriellen Kulturerbe als Lernfeld (L. Heimberg), gefördert vom Wissenschaftsverbund der Vierländerregion.
Forschung und Entwicklung bleiben ein Versuch, die ungeheuren Dimensionen des Imponderablen der Kunst auszuloten und via Expert:innen der Praxis für die Gesellschaft nutzbar einzusetzen.
Marijke Hoogenboom, Direktorin Darstellende Künste und Film DDK, März 2024