Ein Vorprojekt, das die Forschung zu Johannes Itten (1888-1967) als einem wichtigen Exponenten europäischer Moderne um wichtige Aspekte ergänzt. Insbesondere die kolonialen und nationalen Selbst- und Fremdkonzepte, die mit Ittens Tätigkeiten als Ausstellungsmacher und Museumsdirektor am Kunstgewerbemuseum Zürich (1938-1953) und Museum Rietberg (1952-1956) verbunden waren, bedürfen einer kritische Rückschau. Das Projekt findet im Kontext der Curatorial Studies / ZHdK statt und vermittelt angehenden Ausstellungsmacherinnen und Kulturvermittlern relevante Impulse zur Selbstkritik der Profession.
Jüngst ist Johannes Ittens (1888-1967) künstlerische und pädagogische Praxis im Kontext des Bauhaus-Jubiläums Gegenstand zahlreicher Publikationen, Medienformate und Ausstellungen geworden. Mit Blick auf die Schweiz erwähnt seien der erste Band des Werkverzeichnisses (Wagner 2018), der Film «Johannes Itten – Bauhaus-Pionier» (Rumjanzewa 2018) und die Ausstellung «Johannes Itten: Kunst als Leben (Kunstmuseum Bern, 2019). In deren Fokus steht sein künstlerisches Schaffen bis 1938, insbesondere seine Tage- bzw. Skizzenbücher, die neue Einblicke in theosophische, rassistische und «elitistische Denkstrukturen» (Wagner/Zimmer 2019) erlauben. Von der Forschung kaum beachtet worden ist seine Tätigkeit als Direktor des Kunstgewerbemuseum Zürich (KGMZ: 1938-1953) und des Museum Rietberg (1952-1956). In beiden Funktionen verantwortete er Ausstellungen, die das Profil der Häuser nachhaltig geprägt haben. Die Untersuchung seiner Ausstellungstätigkeit am KGMZ – mit Ausstellungen zur asiatischen und afrikanischen Kunst, die sich als Vorgeschichte des Rietberg verstehen lassen – erscheint vielversprechend: Auf der Basis einer Rekonstruktion der Konzeption, Produktion und Rezeption ausgewählter Ausstellungen wie «Schweizer Kunstgewerbe 1914-1939» (1939), «Deutsche Wertarbeit» (1943), «Rumänische Volkskunst» (1943), «Afrikanische Kunst aus Schweizer Sammlungen» (1945) oder «Formschaffen in England. Künstlerisch geformte Erzeugnisse aus Industrie und Handwerk» (1953) wird untersucht, wie zentrale Konzepte der Moderne wie Volk, Heimat und Nation bzw. Kunst, Handwerk und Industrie (re)präsentiert werden. Damit werden auch Modernitätsentwürfe, die mit Chiffren wie Bauhaus, Werkbund, White Cube und Documenta verbunden sind, in den Blick genommen. Interessant ist zudem die Frage, wie die totalitäre Modernität des Nationalsozialismus in Deutschland bzw. das hegemoniale Konzept der Geistigen Landesverteidigung in der Schweiz die Entwicklung zwischen den 1930er- und 1960er-Jahre beeinflusst haben. Dabei werden jene Aspekte ins Zentrum gerückt, die mit Blick auf die Herausforderungen einer kuratorischen und musealen Praxis im Zeichen ihrer Dezentrierung, Dekolonisierung und (Re)Politisierung besonders relevant erscheinen.