Rückwärtsgehen zu lernen war mein erster Kontakt mit der Kunstpädagogik – ein Stolpern über die eigenen Schritte. Dieses Modul, das ich noch während meines Bachelor-Studiums in Fine Arts besuchte, war gleichzeitig schräg und inspirierend. Es war ein Versuch, die gewohnten Dinge zu verlernen. Mitten im Lockdown habe ich mich an dieses «Out-of-the-Box»-Denken erinnert, das mich nun im Master-Studium Art Education begleitet: Wie kann ich mit abstrakten Mitteln und auf spielerische, experimentelle Weise aus festgefahrenen Rahmenbedingungen ausbrechen?
Das Studium der Kunstpädagogik brachte mich zunächst in eine künstlerische Identitätskrise, die ich aushalten musste. In dieser Zeit las ich afroamerikanische Literatur und feministische Science-Fiction. Autorinnen wie bell hooks und Octavia Butler gaben mir eine neue Perspektive und liessen meine Praxis wieder aufblühen. Zudem beschäftigte ich mich mit Donna Haraway und ihrem Ansatz des Geschichtenerzählens im Anthropozän. Dieser lädt dazu ein, in einer imaginären, spekulativen Welt neue Erzählstränge des Verbundenseins mit der Natur weiterzuspinnen.
In diesem Prozess ist mir klar geworden: Ich möchte selbst Geschichten erzählen. Storytelling war schon immer in meinen Videoarbeiten präsent, aber es war stets von einer technoiden Vernarrtheit geprägt. Nun habe ich die technologischen Mittel erst einmal beiseitegelegt, bis auf den Laptop als Schreibgerät.
Wir befinden uns gerade an einem Wendepunkt, an dem wir lernen, Kunst immer gezielter als interdisziplinäre Kraft einzusetzen, um die Grenzen des dualistischen Denkens zu überwinden. In der Vorbereitung auf mein Master-Projekt schliesse ich mich einem Biologen an, um in einem Retreat die Natur bewusster zu erfahren. Dabei geht es darum, poetische Sprachen zu finden, die unser Verwobensein mit der Natur ausdrücken. Aus dieser Erfahrung heraus möchte ich eine Geschichte schreiben, denn in unsicheren Zeiten müssen wir emotional wachgerüttelt und tief berührt werden, um verantwortungsvoll auf die Klimakrise zu reagieren. Ich träume davon, neben dem Unterrichten von Kunst und Design einen Nährboden zu schaffen, auf dem wir gemeinsam Visionen entwickeln und nachhaltig in die Welt tragen.