Julia Rogers: Kinder-und Jugend Psychiatrie – Das Wartezimmer
Meine Selbstreflexion zu diesem Projekt ist insgesamt positiv. Es hat mir erneut gezeigt, warum ich visuelles Design liebe. Ich bin zufrieden mit der Entwicklung des Arbeitsprozesses: ganz speziell habe ich gemerkt, wie viel Freude es mir bereitet, an einem sinnvollen Projekt zu arbeiten, wo ich als Gestalterin etwas bewirken darf.
Der Prozess begann mit einer Recherche über die Bedürfnisse der jungen Patientinnen und Patienten. Ich las über ihre Erfahrungen, sprach mit Fachexperten und untersuchte, wie andere ähnliche Projekte zuvor durchgeführt worden waren. An einem Tag im Dezember sass ich selbst in diesem Wartezimmer und wartete fast eine Stunde vergeblich auf eine Person, die mir eigentlich beim Projekt hätte weiterhelfen sollen. Die Stunde, in der ich wartete hatte mir einige Nerven und Gedanken abverlangt. Und gleichzeitig war sie ein unverhofftes Geschenk, eine Lehrstunde, denn sie brachte mich auf die Idee, wie ein Wartezimmer mit Atmosphäre eigentlich geschaffen sein muss – nämlich ganz anders, als alle konventionellen Wartezimmer. Zu diesem Zeitpunkt war ich bereits weit im Arbeitsprozess und der Kunde (die PUK) hatte mein vorgeschlagenes Konzept bereits abgenommen, was mich sehr zufrieden stellte. Dennoch, oder vielleicht gerade deshalb, fühlte ich mich plötzlich frei. Frei für neue Ansätze und bereit, die strenge Kontrolle zu lockern, welche das rationale logische Denken ausübt («lateral thinking»). So habe den Raum gedanklich leergeräumt und bin nochmals mit viel Empathie und mit dem Wissen, welches ich während des Prozesses gesammelt hatte, an das Projekt ran. Zudem las ich das Feedback auf mein Briefing nochmals ganz genau und bin auf jedes Detail vertieft eingegangen. Plötzlich sprudelten neue Ideen aus mir heraus! Was mit Einfühlungsverm.gen und Wissen begann, hat nun zu einem innovativen Raum voller Positivität geführt – spät, aber pünktlich! All diese Entwicklungsschritte haben dazu beigetragen, einen einladenden Raum zu schaffen, der dazu beiträgt, einen Teil des Stigmas zu beseitigen, das mit psychiatrischen Behandlungseinrichtungen verbunden ist. Dies sehe ich als besondere Stärke des zweiten Teils meines Projektes (Warten tut gut – in der richtigen Atmosphäre). Dieses Projekt hat mir deutlich gemacht, wie wichtig es ist, Geduld zu haben und dem Prozess zu vertrauen. Und auch, dass die Entwicklung eines Auftrages überraschen kann. Zudem will ich in Zukunft selbstbewusster für eine gerechte Entlohnung einstehen und aufhören so zu tun, als wäre meine Arbeit ein Hobby. Alles in allem war dieses Projekt eine unglaublich lohnende Erfahrung, sowohl in geistiger als auch in emotionaler Hinsicht – es hat mich regelmässig aus meiner Komfortzone herausgeholt und mir gleichzeitig ermöglicht, etwas wirklich Sinnvolles für diese Kinder und Jugendlichen zu schaffen.