Kunstvermittlung ist in Transformation: Das Berufsfeld expandiert und verändert die Anforderungen an seine Akteur_innen. Zugleich gilt es, aus Sicht der Kunstvermittlung eine Diskussion über transformative Potenziale zu beginnen, über ihre Effekte nicht nur auf die Beteiligten, sondern auch auf die Institutionen. Die Praxisentwicklung und Erarbeitung von Dokumentations- und Analysemethoden für eine transformative Vermittlung stand im Zentrum des Forschungsprojekts.
Das Feld der ausserschulischen Vermittlung in der Schweiz transformiert sich aktuell in einer bislang nicht gesehenen Weise durch umfassende Verschiebungen in der Kulturpolitik (Vermittlung als Kriterium im in Entwicklung befindlichen Gesetz zur Kulturförderung), in der Lehre (Einrichtung neuer Master- und Nachdiplomstudiengänge) und in der Praxis („Vermittlungs-Boom“). In der theoretischen Reflexion ist das transformative Potential des Lernens von den Künsten längst anerkannt; neue Diskussionen verorten die Effekte innovativer Vermittlungsarbeit gleicher Massen bei den Individuen und den Institutionen.
Das Modellprojekt Kunstvermittlung in Transformation wurde durch eine Forschungsgruppe der Kunsthochschulen in Basel (HGK/FHNW), Bern (HKB/BFH), Luzern (HSLU/Institut Kunst) und Zürich (ZHdK) getragen. Praxispartner waren sechs Museen für zeitgenössische Kunst und Gestaltung in der deutsch- und französischsprachigen Schweiz.
Das Projekt lotete die Anforderungen der Entwicklung einer transformativen Vermittlungspraxis in den Museen und Hochschulen aus und spielte Erkenntnisse in Forschung und Lehre zurück. Seine Ziele waren
- erstens die Entwicklung von Kriterien für transformative Vermittlungsstrategien in enger Zusammenarbeit mit AkteurInnen aus der Praxis. Durch die Verknüpfung von situierter, experimenteller Erprobung und präziser Dokumentation sowie die Evaluierung im teambasierten Reflexionsprozess und die systematische Begleitforschung wurde eine nachhaltige Qualitätssteigerung der Praxis angestrebt.
- zweitens die Entwicklung von Dokumentations- und Analysetools speziell für die Forschung zu Kunstvermittlung. Dazu werden Ansätze aus der Kunst (künstlerische Forschung), den Gesellschaftswissenschaften (qualitative/performative Methoden), der Kunstgeschichte und der Pädagogik (konstruktivistische Lernmodelle und Critical Pedagogy) angewandt und kombiniert.
Anders als jene Ansätze, die etwa an kreativitäts- und entwicklungstheoretischen Grundlagen und damit am Individuum orientiert sind oder im Sinne des Marketings auf „Audience Development“ zielen, wird Kunstvermittlung im vorliegenden Projekt breiter und gleichzeitig präziser verortet. Vermittlungsprozesse sind aus dieser Perspektive zuallererst soziale und performative Praktiken (performativ u.a. im Sinne einer Beteiligung an der Herstellung eben dieser Institutionen). Je nach Verfasstheit können sie die Institution – ebenso wie die künstlerische Arbeit – affirmieren, reproduzieren, dekonstruieren und gegebenenfalls auch transformieren. Unter Berücksichtigung der gesellschaftlichen Verantwortung von Museen und Ausstellungen kann Kunstvermittlung, als künstlerische Bildung und Bildung durch Kunst verstanden, deren Potentiale als Lern-, Erlebnis- und Erkenntnisräume schärfen und sie mit ihrem Umfeld in Kontakt bringen.
Publication Gallery Education in Transformation:
Kunstvermittlung in Transformation. Ergebnisse und Perspektiven eines Forschungsprojektes
ISBN: 978-3-85881-340-4 Scheidegger & Spiess
Published February 2012