Die Ursprünge des Konzepts der Intersektionalität liegen im Black Feminism und der Critical Race Theory (vgl. Crenshaw 1989; Chebout 2011). Intersektionalität hebt hervor, dass soziale Kategorien wie Geschlecht, Sexualität, Race/Ethnizität, soziale Klasse und Behinderung selten eindimensional auftreten, sondern sich überkreuzen und wechselseitig aufeinander aufbauen. Das Konzept der Intersektionalität fokussiert auf diese Interdependenzen, d.h. die gegenseitigen Abhängigkeiten oder Wechselwirkungen. Da sie auf unterschiedlichen Konstitutionsmechanismen beruhen, können diese Ungleichheitskategorien weder isoliert betrachtet noch einfach kumuliert werden. Vielmehr ist eine Analyse ihrer Gleichzeitigkeiten, Verbindungen und Widersprüche notwendig (vgl. Degele/Winker 2011). «‹Verwobenheiten› oder ‹Überkreuzungen› (intersections)» müssen also analysiert werden um additive Perspektiven zu überwinden und den Fokus auf das Zusammenwirken von sozialen Ungleichheiten zu legen (Walgenbach 2012: 81). Es geht demnach nicht allein um die Berücksichtigung mehrerer sozialer Kategorien, sondern ebenfalls um eine kritische Betrachtung der Wirkungsweise historischer Macht- und Herrschaftsmechanismen, die es ermöglicht zu untersuchen, wie dominante und unterdrückte Positionierungen in komplexer Verwobenheit funktionieren und subjektive Erfahrungen strukturieren (Erel et al. 2007).
In der Tat sind die sozialen Unterscheidungen grundlegend für alle unsere Beziehungs- und Lebenspraxen. Differenzierende Diskurse und materielle Ausgangslagen strukturieren unser Denken. Für das IAE ist deshalb eine forschende Praxis zentral, die diese Achsen der Ungleichheit und die Komplexitäten ihrer Verschränkung darstellen, selbstkritisch reflektieren und auch verschieben möchte.
Literatur
- Chebout, Lucy, Wo ist Intersectionality in bundesdeutschen Intersektionalitätsdiskursen? – Exzerpte aus dem Reisetagebuch einer Traveling Theory, in: Smykalla, Sandra; Vinz, Dagmar (Hg.), Intersektionalität zwischen Gender und Diversity. Theorien, Methoden und Politiken der Chancengleichheit, Münster: Westfälisches Dampfboot 2011, S. 43–57.
- Crenshaw, Kimberle, Demarginalizing the Intersection of Race and Sex: A Black Feminist Critique of Antidiscrimination Doctrine, Feminist Theory and Antiracist Politics, in University of Chicago Legal Forum, 1989(8) (zuletzt aufgerufen: 6.7.2017).
- Degele, Nina/Winker, Gabriele, Intersektionalität als Beitrag zu einer gesellschaftstheoretisch informierten Ungleichheitsforschung, in: Berliner Journal für Soziologie 21(1), 2011, S. 69–90.
- Erel, Umut/Haritaworn, Jinthana/Gutiérrez Rodríguez, Encarnación/Klesse, Christian, Intersektionalität oder Simultaneität?! – Zur Verschränkung und Gleichzeitigkeit mehrfacher Machtverhältnisse. Eine Einführung, in Jutta Hartmann et al. (Hg.), Heteronormativität. Empirische Studien zu Geschlecht, Sexualität und Macht, Wiesbaden: VS-Verlag 2007, S. 239–250.
- Walgenbach, Katharina, Intersektionalität als Analyseperspektive heterogener Stadträume, in Elli Scambor/Fränk Zimmer (Hg.), Die intersektionelle Stadt. Geschlechterforschung und Medien an den Achsen der Ungleichheit, Bielefeld: transcript 2012, S. 81–92.