Kollaborative Wissenskulturen im Anthropozän
Sophia-Charlotte Reiser
Die Herausforderungen der Gegenwart sind vielfältig und disziplinenübergreifend. Sie verlangen ein multiperspektivisches, intersektionales Denken und Forschen, das eine Neuordnung etablierter Begrifflichkeiten und Konzepte voraussetzt. Sie bieten die Möglichkeit, Verhältnisse von Wissenschaft und Kunst sowie der zu Grunde liegenden Wissen(schaft)sgeschichte neu zu denken und vernetzte Wissensformen aufzufinden. Den multiplen Krisen der Gegenwart begegnen Künste mit spezifischen ästhetischen Praktiken, kollaborativen Darstellungsformen und relationalen Beziehungsweisen. Durch kritische Befragungen von historisch bedingten Konzepten der Gegenwart und ihren epistemologischen Verhältnissen, können bestehende binäre Wissenskonstellationen verunsichert und alternative Wirklichkeiten in spekulativen Zukunftsbezügen erfasst werden. So tragen künstlerische Arbeiten mit ihren ästhetischen Praktiken im Anthropozän aus posthumanistischer und neomaterialistischer Perspektive dazu bei, transformative Veränderungen anzuregen, spekulative Möglichkeiten zu erkunden und reparative Prozesse zu unterstützen. Dabei beziehen sich diese oftmals transdisziplinären Praktiken immer auch auf verschiedene Konzepte von Wissen und bringen neue Wissensformen hervor.
Aus der Perspektive einer wissensgeschichtlich orientierten Kunst- und Kulturwissenschaft fragt das Projekt nach einem un/disziplinierten Wissen der Künste sowie nach kollaborativen Wissenskulturen zwischen Kunst, Wissenschaft und Öffentlichkeit. Unter Einbezug von exemplarischen kuratorisch-performativen Beispielen untersucht es Wissensgenerierungen in einem kollaborativ-transdisziplinären Verbund verschiedener Wissenskulturen. Dabei stellt es zum einem die Frage, wie und in welcher Form Wissen in den Künsten erzeugt, vermittelt und wirksam wird und zum anderen, was für ein Wissen von wem unter welchen Bedingungen geäußert wird. Für ein breit angelegtes Verständnis der Künste greift die Arbeit dabei auf das Konzept des Kuratorischen und der kuratorischen Situation zurück.