In der vorliegenden PhD-Studie „Herumlungern?! Begegnungsräume an urbanen Orten“ setze ich mich mit der Frage auseinander, wie von mir erarbeitetes ethnografisch-mimetisches Wissen über das Herumlungern sozial unterschiedlicher Akteurinnen und Akteure – einem Dichter, einer Gruppe langzeiterwerbsloser Menschen und Raver:innen – genutzt werden kann, um temporär künstlerisch forschend in den Alltag von Stadträumen einzugreifen und Herumlungern (neu) zu verhandeln. In meiner Forschung bildet Herumlungern sowohl mein Erkenntnisobjekt wie auch meine methodische Vorgehensweise.
Gestützt auf eine kritische Auseinandersetzung mit dem Begriff Herumlungern in Diskursen in Handbüchern sowie in journalistischen, sozial- und kulturwissenschaftlichen Texten entwickelte ich ein eigenes situatives Verständnis von Herumlungern, das meiner Forschung als Arbeitsbegriff zugrunde liegt. In meiner Feldforschung lungerte ich über längere und kürzere Zeit mit dem Dichter und der Gruppe langzeiterwerbsloser Menschen in Berlin sowie mit Raver:innen in Zürich herum. Ich konnte von ihnen lernen, wie sie spezifische städtische Orte umdeuten und in selbstbestimmte Räume des Austausch und der Zugehörigkeit übertragen. Das in diesem ethnografisch-mimetischen Prozess angeeignete Wissen über die Eigenlogiken widerständiger Lebens- bzw. Überlebensformen wurde fiktionalisiert und in eine eigene künstlerisch-forschende Methode des Herumlungerns übersetzt. Diese setzte ich in den Versuchsanordnungen Wir bleiben hier. Solange die Sonne scheint (Berlin) und Body, Body, Body … (Zürich) um. Über einen Zeitraum von je drei Wochen übernahm ich mimetisch die Rolle einer Herumlungernden und setzte einen mobilen Stammtisch in Berlin und eine mobile Lounge in Zürich ein, um in Begegnungsräumen mit Passant:innen Herumlungern (neu) zu verhandeln. Durch mein Eingreifen provozierte ich bei zufällig angetroffenen Menschen an den ausgewählten öffentlichen Orten einen unerwarteten und unvorhersehbaren Kontakt mit dem Anderen.
Das Ergebnis meiner Forschung ist ein Buch, das unterschiedliche Textformen, Stills sowie Fotografien umfasst. In ihrem Zusammenspiel machen diese mein Thema in seiner Mehrdeutigkeit und Vielstimmigkeit sicht- und erfahrbar und wirken dadurch den in den gesellschaftlichen Diskursen dominanten Deutungen von Herumlungern entgegen.