Operatives Organ für strategische Empfehlungen der Dossier Kommission Forschung (DKF) sind monatliche Sitzungen, in denen laufende Themen diskutiert, aber auch eine Reihe von Empfehlungen getroffen werden. Das waren im vergangenen Jahr die Erfolgs- oder auch Misserfolgsbilanz der Forschungsanträge, die nach wie vor unterschiedlich gehandhabten Vergütungen von Antragsteller:innen, ein Reglement zur Emeritierung von Professor:innen oder auch eine juristisch geprüfte Definition davon, wer und was ein «Associate Researcher» ist und entsprechend der Titel vergeben werden kann. Die Liste der Themen hier zu wiederholen führt zu weit, Diskussionen beinhalten konkrete Sachverhalte wie sinnvolle Ausrichtungen von DIZH Projekten, dem Tag der Forschung oder dem Entwurf zur Definition des Leistungsauftrags Forschung ZHdK gehörten wie Präsentationen der Hochschulkommunikation oder eines künftigen T-Minor Research dazu, insbesondere aber waren 2022 zwei Ereignisse richtungsweisend.
Zum einen im Mai der Workshop «Where’s the Art?». Wie können sich die Künste in und durch Forschungsprojekte entwickeln und welche Rolle spielen dabei die künstlerischen Promotionen? Mit Fragen insbesondere zum komplexen Bereich der Forschungsförderung, einschliesslich Potential und Schwierigkeiten im Umgang mit Traditionen und im internationalen Vergleich überholten Kriterien. So konnten im Workshop die Spannungen zwischen künstlerischen Entwicklungsprozessen und wissenschaftlich-institutionellen Konventionen, Theorien und Praktiken der Logik von Förderanträgen und Projektrealitäten, aber auch zwischen nicht-disziplinären Karrieren und Forschungskarrieren eingehend diskutiert werden. Vertreten waren zahlreiche weitere Schweizer Fachhochschulen, so die Fachhochschule Nordwestschweiz, die Accademia Dimitri aus Verscio, die Manufacture Lausanne, die Hochschule Luzern und die mitorganisierende SARN (Swiss Artistic Research Network), sowie internationale Gäste aus Berlin und Geir Ivar Strøm, der Direktor des Norwegischen Artistic Research Programme.
Der zweite Schwerpunkt der DKF kam kurz darauf im Juni anlässlich der Retraite, an der eingehend Auftrag und Schärfung des eigenen Profils der Dossierkommission debattiert wurden. Als Gast und «Oeuil exterieure» geladen hatten wir hier Prof. Dr. Margit Szöllösi-Janze, Mitglied im Deutschen Wissenschaftsrat und Co-Autorin des brisanten Berichts «Empfehlungen zur postgradualen Qualifikationsphase an Kunsthochschulen». Aus diesem stammt eines der für unsere Situation passende Zitat
«Bei vielen unserer künstlerischer Professorinnen und Professoren gehört Forschung nicht zu den Kernaufgaben, viele Wissenschaftsförderer finanzieren aber keine künstlerischen Entwicklungsvorhaben.» (Wissenschaftsrat der BRD, «Empfehlungen zur postgradualen Qualifikationsphase an Kunst und Musikhochschulen, 2021, S.27)
Der auch für die Schweizer Fachhochschullandschaft relevante Bericht beginnt mit der Feststellung, dass die postgraduale Phase an den Kunst- und Musikhochschulen «in starker Spannung zwischen neuen künstlerischen Entwicklungen, hohen Erwartungen, langen Traditionen und Veränderungen im Europäischen Hochschulraum mit beträchtlicher Sogwirkung» steht – Kernthemen unserer Retraite.
«In den Künsten erfüllt die postgraduale Phase einen anderen Zweck als in den Wissenschaften. Sie zielt grundsätzlich darauf ab, den Einstieg in eine künstlerische Karriere außerhalb der Hochschule auf einem sehr hohen Niveau zu gewährleisten.» (Wissenschaftsrat, «Empfehlungen zur postgradualen Qualifikationsphase an Kunst und Musikhochschulen, 2021, S. 8)
Turnusmässig wurde zum Ende des Jahres auch eine neue Vorsitzende gewählt. 2023 wird dies Sigrid Adorf übernehmen, einstimmig akklamiert von allen Stimmberechtigten. Ein weiterer Grund zur Vorfreude auf ein erlebnisreiches Jahr mit viel Raum zum Experimentieren mit neuen und Jonglieren mit alten Ideen, für großzügige Entwicklungen und Neugier, Transparenz, Vertrauen, Humor.
Resilienz, eigentlich trotz Pandemie kein Thema der DKF im Jahr 2022, – dafür nahmen Drittmittelprojekte, Nachwuchsförderung und zukünftige Forschungsorganisation reichlich Platz ein – Resilienz ist, wenn mensch trotz einer katastrophalen Lage zuversichtlich bleibt, vielleicht gänzlich unbeschadet herauskommt. Resilienz wäre also eine Frage der Verhältnismässigkeit, der Veranlagung, oder der Überzeugung – die Gewichtungen sind schwerlich messbar. Die Forschung der ZHdK befindet sich in einer schwierigen Phase, zumal im Umbruch, aber erst wenn die letzten Gründe für Zuversicht und Optimismus wegfielen, wäre die Katastrophe angekommen. So weit sind wir nicht. Und auch im Tiefpunkt bliebe Grund zur Hoffnung.
Anton Rey, Vorsitzender der Dossierkommission Forschung, Februar 2023