Nicht erst aufgrund der Erkenntnisse aus den Neurowissenschaften wissen wir: Grundsätzlich mögen wir Veränderungen nicht. Denn Veränderungen bedeuten, dass auch wir uns verändern müssen. Das strengt an, ist unbequem und birgt nicht zuletzt auch Risiken. Und es liegt in der Natur des Menschen, dass Risiken höher gewichtet werden als Chancen. Ebenso neigen wir alle dazu, Risiken gar nicht erst einzugehen. Aber Veränderungen bieten auch Chancen – die uns eben auch entgehen, wenn wir uns nicht verändern. Aber eben.
«Tempora mutantur, nos et mutamur in illis», so sagt man schon seit dem 16. Jahrhundert: «Die Zeiten ändern sich, wir verändern uns mit ihnen.» Irgendwie scheint also das mit den Veränderungen nicht etwas zu sein, was allein dem heutigen schnelllebigen Zeitgeist geschuldet ist.
Das neue Major-Minor Studienmodell ist zweifelsohne mehr als zeitgemäss. Und es wird den Anforderungen unserer Gesellschaft, denen von Forschung und Lehre in den Künsten, in der Berufswelt, wie auch den Bedürfnissen unserer Studierenden, besser gerecht. Es ist in besonderem Masse zukunftsorientiert und erlaubt ein viel höheres Mass an Flexibilität und Freiheit. Unsere Studierenden können ihr Studium stärker den individuellen Interessen und Fähigkeiten entsprechend zusammenstellen. Aber das neue Studienmodell ist nicht «einfach». Wie auch unsere Welt nicht «einfach», sondern komplex(er) (geworden) ist. Nicht dass Major-Minor zusätzliche, unnötige Komplexität schaffen soll! Das wäre ebenso falsch, wie anspruchsvolle Realitäten, in denen wir leben, durch vermeintlich einfache Lösungen zu simplifizieren.
Das Major-Minor Studienmodell erlaubt flexiblere, persönlichere und auch praxistauglichere Studiengänge. Allerdings verlangt dies von den Studierenden, dass sie eine ihren Neigungen und Fähigkeiten entsprechende Wahl treffen – keine leichte Aufgabe, denn für die Studierenden bedeutet dies, mehr Verantwortung für die eigene Zukunft zu übernehmen. Mehr Verantwortung für den eigenen Werdegang und mehr Freiheit in der Studiengestaltung – wer möchte dies nicht? Major-Minor bricht in diesem Sinn manche «Silos» etwas auf und erlaubt eine breitere, universellere Ausbildung. Ganz gemäss Humboldts Anspruch an eine Hochschule, die mit «universitas litterarum» die Gesamtheit der Wissenschaften meint, stellen die Studierenden mit dem Major-Minor-Modell ihre Ausbildung nach ihren Interessen und Talenten zusammen. Diese Flexibilität in der Ausbildung kommt der oder dem Einzelnen später in der beruflichen Praxis entgegen, weil diese breitere und zugleich individuellere Ausbildung mehr Möglichkeiten für einen geglückten Berufseinstieg bietet.
Wir denken aber auch, dass gerade an einer Hochschule der Künste eine freiere Wahl von Schwerpunkten, angereichert mit spannenden weiteren Disziplinen, den Künsten und der künstlerischen Entwicklung neue Impulse geben wird. Denn können nicht Künste auf die mannigfaltigen und oft herausfordernden Veränderungen unserer Zeit Antworten geben, die andere Wissensbereiche ausser Acht lassen? Aber eben nur – so sind wir überzeugt –, wenn wir alle den Entwicklungen unserer Zeit gegenüber offenbleiben.
Fachhochschulrätin Fanni Fetzer und Fachhochschulrat Dr. Thomas Ulrich
Die zuständigen Mitglieder des Fachhochschulrats im neu eingesetzten Finanz- und Risiko-Komitee der ZHdK haben die Jahresrechnung 2024 zuhanden des Fachhochschulrats beurteilt.