Hast Du eine Meinung?

Hast du eine Meinung? - Fremde Perspektiven verstehen und erkennen, dass richtig diskutieren wichtig ist.

Meinungsverschiedenheiten haben in unserer modernen Gesellschaft aufgrund von Politik (mehr Demokratie), in Beziehungen (Gleichstellung) und durch Technologie (Streiten ohne soziale Kosten, Anonymität, Ansichten bestärkt durch Social Media Bubbles) enorm zugenommen. Meinungsverschiedenheiten können interessant und produktiv sein und zivilisiert ausgetragen werden. Oft sind sie aber eine Quelle von Hass, wüsten Anschuldigungen und Verleumdung. Was braucht es, dass Meinungsverschiedenheiten zu einem konstruktiven Diskurs führen? Wir haben anbei einige Tricks zusammengestellt, die helfen können, schwierige Gespräche zu navigieren, fruchtbare Diskussionen zu führen und wohlwollender mit Streit umzugehen, denn: Fremde Perspektiven zu verstehen und auszuhalten ist wichtig, um gemeinsam für eine besser Welt einzustehen.

  • Auch wenn sie noch so nichtig erscheinen; Irritationen sind nichts Geringeres als die sichtbaren Symptome erstickter Debatten über konkurrierende Auffassungen vom Sinn des Lebens und deshalb wichtig.

    Wisse: Meinungsverschiedenheiten sind normal: Wir wünschen uns Harmonie, doch alle Menschen haben eine eigene Idee vom Leben; deshalb müssen wir verstehen, dass Meinungsverschiedenheiten und nicht Harmonie dem Normalzustand entsprechen.

  • Wenn die Debatte aggressiv und wütend geführt wird, stammt diese negative Energie oft aus anderen Quellen wie zum Beispiel:

    1. Frust aufgrund äusserer Umstände (z.B. der Fuss schmerzt, die Mutter ist krank)
    2. Wir diskutieren im Innern eigentlich mit einer (verhassten) Person aus der Vergangenheit.
    3. Kompensation für eine gefühlte Erniedrigung oder Neid (ungleiche Vermögensverteilung)

    Einmal erkannt, können wir mit der Wut und Hitzigkeit des Gegenübers wohlwollender, reifer umgehen. Entschuldige und beherrsche Dich, wenn Du importierte Energie bei Dir erkennst. Manchmal genügt schon das Bewusstsein darüber.

  • Ein erlebtes Trauma hat oft einen grossen Einfluss auf unser Denken. Wenn eine Diskussion aus dem Ruder läuft, kann es hilfreich sein, das aktuelle Thema zu wechseln und die Quelle unserer Ansichten zu beleuchten und zu diskutieren. Oft repräsentiert die Ansicht eine Angst und die Position eine imaginäre Lösung.

  • Wenn wir durch mächtige Menschen oder durch Menschen, die wir lieben auf einen Gedankengang gestossen sind, verspüren wir allenfalls das Bedürfnis loyal zu sein und zwar so, dass eine andere Meinung dazu, trotz Zweifel, ausgeschlossen ist. Da kann es interessant sein, wenn wir uns eine liebevolle und ehrenvolle Person vorstellen, welche die andere Position vertritt, auch wenn das nicht zwingend zur Änderung unserer Meinung führt.

  • Obwohl uns ein Streit auszutragen eigentlich nachdenklich stimmen sollte, freuen wir uns manchmal gerade darüber. Warum? Es gibt ein kraftvolles Gefühl, wenn wir überzeugt sind, 100 % richtig zu liegen. Auch finden wir im Träger der anderen Meinung oft ein klares Ziel, dem wir für unsere diffuse Unzufriedenheit die Schuld zuschieben können. Die rigide Haltung verunmöglicht, zu lehren und unsere Meinung zu vermitteln.

  • Meinungsverschiedenheiten können durch Geschichten, die Sympathie und Empathie propagieren, gemildert werden. Diesen Vorgang nennt man Humanisierung.

  • Menschen sind auf Social Media oft gemein, eine Annäherung von Meinungen ist dort schwieriger. Nutzer:innen sind oft laut, aus Angst, nicht gehört zu werden. Weil sie anonym sind, müssen sie keine sozialen Kosten fürchten, so können sie schreiben, was sie wollen. Zudem werden keine wirklichen Menschen auf der anderen Seite vermutet (Dehumanisierung), deshalb erscheint die Beleidigung im Netz für Täter:innen gar nicht so schlimm. Durch eine stärkere Regulierung könnten das Individuum geschützt und durch institutionalisierte Moderation streitende Parteien einander angenähert werden (?).

  • Oft urteilen wir über Menschen oder Sachverhalte aufgrund von einfachen Kriterien, die der komplexen Wirklichkeit nicht gerecht werden. Verstehe, dass dadurch grosse Teile der Realität einfach ausgeblendet und interessante Einsichten im Dunkeln bleiben.

  • Humor wirkt entspannend und befördert Mässigung, auch schwarzer Humor.

  • Andere Meinungen flössen Angst ein. Deshalb ist es nicht ratsam, aggressiv und ungeduldig zu streiten; auch wenn wir finden (manchmal zu Recht), dass das Gegenüber dumm, böse und ignorant sei. Einen Spiegel vorzuhalten, ist kontraproduktiv. Erfolgversprechender scheint, die Perspektive des Gegenübers einzunehmen. Sein offenes Ohr kann durch Wertschätzung, Wärme und Aufmerksamkeit gewonnen werden.

  • Oft müssen wir mit Meinungsverschiedenheiten einfach leben. Wenn wir mit dieser Haltung in eine Diskussion steigen (strategischer Pessimismus) und einen gemeinsamen Nenner in Bezug auf garantierte Menschenrechte (politische Ebene) und Anstand (private Ebene) finden, ist dies das beste Fundament für eine fruchtbar Diskussion.

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